Dolibarr ist eine Open-Source-Software für die Bereiche Enterprise Resource Planning (ERP) and Customer Relationship Management (CRM). Sie dient kleinen und mittelgroßen Unternehmen, aber auch Freelancern und Vereinen dazu, ihre alltäglichen Geschäftsaufgaben effizient zu bewältigen, bestens zu dokumentieren und sehr übersichtlich im Auge zu behalten.
Module für die Verwaltung von Produkten und Dienstleistungen, das Rechnungswesen, Kundenbestellungen und Angebotslegung, Buchhaltung, Personalwesen und Customer Relations sind Teil der Grundausstattung. Einen Überblick über die Basis-Features bietet die zentrale Community-Website.
Dolibarr funktioniert als Webanwendung und basiert auf PHP und MySQL. Es läuft auch im Shared-Hosting durchaus passabel, steht als cloudbasierte SaaS-Lösung zur Verfügung, kann auf einem firmeninternen Linux-Server installiert werden und wird sogar direkt für den Windows-Desktop oder -Laptop angeboten. Auch technische Laien sind somit schon ab null Euro dabei.
Übrigens ist Dolibarr alles andere als ein Newcomer. Die erste Version erschien bereits 2003, damit ist das Programm, nebenbei gesagt, exakt gleich alt wie die Königin der Content-Management-Systeme: WordPress.
Ich sehe in der Reife und Beständigkeit des Systems eindeutig einen Vorzug, wo es doch in den allermeisten Anwendungsfällen um eine langfristig und tief in alle Geschäftsabläufe integrierte Sofwarelösung geht, die gründlich überlegt gehört.
Internationale Dolibarr-Community mit Schwerpunkt Frankreich
Die im Kontext der ERP-Welt relativ kostengünstig zu implementierende Lösung ist seit langem insbesondere in Frankreich und im französischsprachigen Raum verbreitet. Aber auch die englischsprachige Community hat eine beachtliche Größe erreicht, während es im deutschsprachigen Raum noch eher stotternd voranzugehen scheint.
Das System ist in Dutzende Sprachen übersetzt und steht natürlich auch auf Deutsch zur Verfügung. Trotzdem empfehle ich, zumindest zu Beginn nach Möglichkeit die englische (oder französische) Version zu verwenden und nur die auf Dokumenten veröffentlichen Begriffe nach Bedarf (direkt aus der Anwendung heraus) ins Deutsche zu übersetzen. Wer online nach Erklärungen zu einzelnen Funktionen sucht, kommt auf diese Weise deutlich schneller voran.
Besonders bemerkenswert: An die 5.000 wöchentliche Downloads der Software werden von der Plattform Sourceforge registriert. Das ist für die Sparte ERP/CRM eine ausnehmend hohe Anzahl und lässt auf eine tatsächlich sehr große Nutzerbasis (vor allem im Südwesten Europas) schließen.
Erste Eindrücke über Demoversion sammeln
Ein eigenes Bild kann man sich über eine frei zugängliche Demoversion verschaffen. Der eine oder andere mag dabei feststellen, dass die Designs der verfügbaren Benutzeroberflächen (Themes) nicht gerade der letzte Schrei sind. Und das ist nicht nur eine ästhetische Frage, sondern geht mit Einbußen in Sachen Benutzerfreundlichkeit einher.
Die von Testern vielfach mit Testeinträgen zugekleisterte Demoversion gibt allerdings nicht das beste Beispiel ab. Mit einigen Tweaks und Ergänzungen lässt sich aus den verfügbaren Themes eine ganze Menge mehr herausholen und ein zeitgemäßes Feeling erzeugen.
In letzter Zeit hat sich außerdem einiges getan, z.B sind die Layouts weitgehend responsiv (also zumindest Tablet-tauglich) geworden, und mit jedem Upgrade kommen Verbesserungen hinzu. Sogar eine Version für Android gibt es, aber es ist lange her, dass ich diese getestet habe. Ich hatte bisher einfach keine Verwendung dafür.
Und ja: Wer kann und möchte, hat natürlich die Möglichkeit, ein eigenes Theme für Dolibarr zu entwickeln und es über den Dolistore zum Verkauf (oder auch kostenlos) anzubieten.
Einstiegshürden und Abhilfen
Eine Einstiegshürde, vor allem für Entwickler, stellt die recht lückenhafte Dokumentation dar. Wer online nach einer schnellen Lösung sucht, wird meistens enttäuscht. Dafür stehen für die verschiedenen Sprachräume Foren zu Verfügung, in denen man sein Glück versuchen kann. Am meisten frequentiert ist natürlich das französische, gefolgt vom englischen. Man kommt sich also nicht ganz verloren vor.
Reine Anwender, die keine Berührungsängste gegenüber neuer Software haben, können einfach loslegen. Die administrativen Einstellungen sind übersichtlich und in der Regel selbsterklärend. Auch als SaaS-Lösung wird Dolibarr unter dem Namen Dolicloud angeboten und kann 14 Tage kostenlos getestet werden. Eine wunderbare Möglichkeit, um das System für den eigenen Bedarf zu evaluieren.
Wer Anpassungen benötigt, sollte sich zuerst nach einem geeigneten Entwickler umsehen bzw. selbst genügend Zeit zur Einarbeitung mitbringen. Wirklich mühsam kann das Erstellen eigener Vorlagen für Rechnungen, Angebote etc. werden. Wer automatisch ein PDF generieren möchte, kann versuchen, die mitgelieferten Standardvorlagen nach eigenen Vorstellungen anzupassen. Die verwendete FPDF-Library ist jedoch selbst für Coder eine unglaubliche Tüftelei, d.h., für reine Anwender ist Selbermachen mit Sicherheit keine Option.
Etwas anders verhält es sich mit Tag-basierten Vorlagen im offenen ODT-Format, mit dem sowohl LibreOffice als auch Microsoft Word sehr gut umgehen kann. Hierfür braucht es keine Programmierkenntnisse, nur viel Geduld und eine recht hohe Frustrationsschwelle. Die Tags sind, gelinde gesagt, „sensibel“, sobald sie konditional eingesetzt werden, was für flexibel handhabbare Rechnungen und sonstige Dokumente fast unumgänglich ist.
Erfahrung ist hier alles. Wer nicht viel Zeit verlieren kann, sollte einen Dienstleister mit der Erstellung der Vorlagen beauftragen.
Nicht 100% sexy, dafür robust und vielseitig
Für Dolibarr sollten sich nur jene entscheiden, die eine langfristige Lösung suchen. Auch wenn die Einstellungen durchaus verständlich aufbereitet sind, werden gerade Einsteiger in den ERP-Bereich (wie ich einer war) einige Zeit benötigen und gelegentlich an der Dokumentation verzweifeln, bis alles wie gewünscht läuft.
An sich funktioniert das System out of the box. Für eine nahezu komplette und dabei doch so zugängliche Lösung wie Dolibarr gibt es im Open-Source-Bereich nur wenig Konkurrenz. Während das modernere Nutzungserlebnis, das jüngere SaaS-basierte Lösungen bieten, kurzfristig mehr Spaß machen kann, sind diese in den meisten Fällen nicht dafür ausgelegt, alle benötigten Bereiche abzudecken. Am Ende landen Unternehmer so bei einer Kombination aus mehreren Tools verschiedener Anbieter und müssen einen unangenehm fragmentierten Workflow akzeptieren.
Dolibarr ist anders. Neben so mancher populären App aus der jüngeren Vergangenheit wirkt es zwar ein wenig old-school, dafür ist es robust und vielseitig, alles ist aus einem Guss und ziemlich komplett. Die Gefahr, dass es morgen von der Bildfläche verschwindet, ist äußerst gering. Es wird auf Open-source-Basis aktiv weiterentwickelt, jedes Upgrade bringt interessante Neuerungen, ein jeder kann neue Features vorschlagen oder auch selbst Hand anlegen. Gerade unter diesen Gesichtspunkten ist Dolibarr zu empfehlen.
Für Coder ist interessant, dass alle wesentlichen Programmteile auf PHP basieren. Kein komplexes und den Einstieg erschwerendes JavaScript-Tooling steht im Weg. Das schränkt zwar die Möglichkeiten für das Theming ein, gibt dafür aber die Freiheit, recht schnell und unkompliziert die eine oder andere Adaption vorzunehmen.
Dolibarr mit WordPress als integrierte Gesamtlösung
Ich nutze Dolibarr schon seit Längerem, bin aber erst in den vergangenen Wochen tiefer ins Innere des Systems eingetaucht. Mit kleineren funktionellen Anpassungen, einer Reihe von Designtweaks, Dutzenden praktischen Keyboard-Shortcuts und natürlich maßgeschneiderten Dokumentvorlagen habe ich dabei zu einer Version gefunden, die meinen Usability-Ansprüchen gerecht wird.
Werde ich die Implementierung von Dolibarr in Zukunft auch meinen Kunden anbieten? Oder vielleicht ein eigenes Theme für Dolibarr veröffentlichen? Beides schließe ich zum jetzigen Zeitpunkt zumindest nicht aus. Die Kombination mit einer maßgeschneiderten, anwendungsspezifischen WordPress-Website hätte ihren Reiz: Eine integrierte Gesamtlösung für die Geschäftsprozesse im Inneren und die Unternehmenskommunikation nach außen, open-source und auch für kleinere Unternehmen erschwinglich.
Schreiben Sie mir eine Nachricht, falls Sie sich für eine solche Lösung interessieren. Sie helfen mir damit, die Möglichkeiten für ein ensprechendes Angebot zu evaluieren.